Anbei das Video zum NDR Sportclub mit der Reportage "THW Kiel hautnah". Alfred Gislason gibt seltene Einblicke in seine tägliche Arbeit beim deutschen Rekordmeister.
Donnerstag, 4. Juli 2013
Mittwoch, 24. April 2013
Video: Kabinen- und Halbzeitansprache von Dr. Rolf Brack
Anbei die Videos zur Kabinen- und Halbzeitansprache von Dr. Rolf Brack zum Spiel HBW Balingen-Weilstetten - TV Neuhausen vom 20.04.2013
Sonntag, 21. April 2013
Gastbeitrag von Julian Bauer
Julian Bauer (Trainer mA-Bundesliga SG Ratingen) zum Artikel "Wenn die Lösung zum Problem wird! 4:2-Angriff gegen 3-2-1-Abwehr (jugoslawisch)"
In ihrem Artikel
diskutieren Feldmann und Meyer die Frage, ob der Systemwechsel aus dem
3:3-Angriff in einen 4:2-Angriff gegen die zwangsläufig jugoslawisch agierende
3:2:1-Abwehrreihen bei Auswahlmannschaften in der zu beobachtenden Häufigkeit
als Hauptangriffsmittel gerechtfertigt ist.
Hierbei kann Dank des
großen Arbeitsaufwandes der beiden Autoren auf dezidiertes Datenmaterial eines
Ländervergleiches der männlichen Auswahlmannschaften des Jahrgangs 97 in
Ratingen vom November 2012 zurückgegriffen werden. Aus Sicht des Autors
sind mit der Behandlung des Themas zwei elementare Fragestellungen verbunden:
1.
Wird der Zweck der individuellen Sichtung von Spielern für die nächsthöhere
Förderstufe des DHB einem Systemwechsel
im Angriff folgend, ausreichend Rechnung getragen?
2.
Rechtfertigen die statistisch vorliegenden Werte zu den Erfolgsquoten im
klassischen 3:3-Angriff im Vergleich zum 4:2-Angriff die häufige Auswahl dieses
mannschaftstaktischen Angriffsmittels Übergang + Folgehandlungen?
Die erste Frage muss
sicher unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten erörtert werden. Der
DHB-Rahmentrainingskonzeption folgend agieren alle Landesauswahlmannschaften
bei der DHB-Sichtung im jugoslawischen 3:2:1-Abwehrsystem. Kernaufgabe der
Sichtungsmaßnahme ist das Sichten von einzelnen Spielern für eine DHB-Maßnahme
bzw. das Erkennen des individuellen Leistungsstandes der verschiedenen Spieler Landesverband-übergreifend. Wie von den beiden
Autoren hinreichend beschrieben, führt der Systemwechsel des Angriffes dazu,
dass eine klare Mannzuordnung innerhalb der Abwehrräume nicht mehr gegeben ist.
Die jugoslawische 3:2:1-Abwehr als klassische Raumdeckung bietet der
angreifenden Mannschaft daher die Möglichkeit mit kleingruppen- und
mannschaftstaktischen Mitteln die Abwehr auszuspielen. Dies führt allerdings
auch dazu, dass der individuelle Freiheitsgrad der Angreifer (vgl. Brack, 2004)
eingeschränkt wird bzw. die Angreifer nicht mehr dazugezwungen sind, aufgrund
der nicht mehr beizubehaltenden Mann-zu-Mann Zuordnung Zweikämpfe zu gewinnen. Natürlich schließt der
Übergang in den 4:2-Angriff das erfolgreiche Lösen von 1:1 Situationen nicht
aus, jedoch ist, wie von den beiden Autoren beschrieben, das Phänomen
erkennbar, dass sich die abwehrenden Mannschaften in Folge von Übergängen oft
stark zurücksinken lassen, um die Tiefenräume zu schließen, was wiederum
erfolgreiche 1:1 Aktionen der Angreifer erschwert. Demzufolge muss davon
gesprochen werden, dass oft die angreifende Mannschaft nach einem Übergang in
den 4:2-Angriff erfolgreich sein wird, die dies am besten kleingruppen- und
mannschaftstaktisch löst. Dies korreliert nicht zwangsläufig mit den
individuell am bestem geschulten Einzelspielern, die bei einer Sichtung erkannt
werden sollen. Natürlich stellt die
individuelle Weiterspielqualität der einzelnen Rückraumspieler im 4:2-Angriff
auch ein qualitatives Merkmal von Angreifern dar. Allerdings stellen Übergänge
nur einen der vier klassischen Auftakthandlungen gemäß DHB Rahmentrainingskonzeption dar. Ebenfalls ist das erfolgreiche Lösen von
Übergangssituationen für die Abwehr ein Qualitätsmerkmal, welches auch die individuellen
Abwehrfähigkeiten des Abwehrspielers beinhaltet (vgl. Petersen, HT 05/06,
2005). Häufig ist jedoch in diesem Zusammenhang zu beobachten, dass gerade die
Auftakthandlungen Stoßen und Kreuzen vom Angriff nur mangelhaft beherrscht
werden und diese Mängel durch geschickte Systemwechsel erfolgreich „versteckt“
werden können. Demzufolge ist das
Anwenden der Auftakthandlung Übergang durchaus als sinnvolles Mittel gegen eine
jugoslawisch agierende 3:2:1 Abwehr zu sehen, sollte aber, wenn überhaupt,
quantitativ so häufig genutzt werden, wie die Auftakthandlungen Sperren, Stoßen
oder Kreuzen, welche ebenfalls die kleingruppen- und individuellen Fähigkeiten
der Angreifer beinhalten. Soll aber wie bei den DHB-Sichtungen die individuelle
Angriffs- und auch Abwehrqualität erfasst werden, so scheint die
Herangehensweise von Rheinland-Pfalz beim Turnier in Ratingen lediglich 10%
Übergangssituationen zu schaffen und ansonsten individuelle Qualitäten vor
allem im Spiel 1:1 anzuwenden, die zielführendere zu sein. Die Observation, dass
53% der Angriffe im 4:2-System abgeschlossen wurden, untermauert hier die
Notwendigkeit die quantitative Anwendung zu überdenken. Ebenfalls wäre die
Frage zu stellen, ob das situative Auflösen der raumorientierten 3:2:1 Abwehr
zugunsten einer mannorientierten 4:2 Abwehr die Angreifer wieder in gehäufte
1:1 Aktionen zwingen würde, wodurch die Angreifer zu individuellen Lösungen in
Folge der klaren Mann-zu-Mann Zuordnung gezwungen würden.
Ebenfalls behandeln die
Autoren die Frage, ob der häufige Systemwechsel in die 4:2-Angriffsformation
qualitativ überhaupt den gewünschten Erfolg bringt. Die Gesamtstatistik des
Turniers mit einer Stichproben Größe (n=733) zeigt eine Effektivität von 47% im
3:3 Angriffsspiel und 46% im 4:2 Angriffsspiel. Diese Zahlen und die Differenz
stellen bei der Größe der Stichprobe sicher keinen signifikanten Unterschied
dar. Jedoch stellt sich die Frage, ob aus ergebnisorientierter Sicht der Anteil
von 53% (n=392) Angriffen im 4:2-Angriffssystem im Gesamtturnier überhaupt Sinn
macht. Letzten Endes kann nicht nachgewiesen werden, dass für alle beteiligten
Mannschaften einer vermehrtes Beibehalten des 3:3 Angriffes die
Angriffseffektivitäten erhalten oder verbessert hätte, jedoch kann festgestellt
werden, dass das vermehrte Spielen im 4:2 Angriff zu keinem ergebnistechnischen
Vorteil im Gesamtturnier geführt hat. Da davon auszugehen
ist, dass die jeweiligen Mannschaften und Trainer das vermehrte Übergehen in
die 4:2-Formation gespielt haben um „Absprache- und Übergabe/Übernahme-Fehler
in der Abwehr zu provozieren“ (Feldmann & Mayer, ibid) und dadurch einen
Vorteil für den Angriff herzustellen, muss auf Grundlage der vorliegenden
Resultate dieses Ziel als verfehlt bezeichnet werden. Von den 5 teilnehmenden
Mannschaften hatten sogar 3 (Hessen, Niederrhein und Niedersachsen) im
4:2-Angriff schlechtere Quoten als im 3:3-Angriff. Ungeachtet dieser den
Trainern sicher nicht bekannten Tatsache, schlossen aber gerade diese
Mannschaften jeweils über 50% ihrer Angriffe im 4:2-Angriff ab. An dieser
Stelle ist deshalb zu hinterfragen, ob ein vermehrtes Bleiben im 3:3-Angriff
die Quoten dieser Mannschaften nicht verbessert hätte.
Fazit:
Die
Vorgaben des DHB geben den Auswahlmannschaften vor der Sichtung das Spielen der
3:2:1 im jugoslawischen System, also als klassische Raumdeckung vor. Hierdurch
ist es dem Angriff möglich, durch einen Systemwechsel ins 4:2 die klassische
Mann-zu-Mann Ordnung aufzulösen. Für
den ein Jahr später stattfindenden Länderpokal gilt diese Vorgabe nicht mehr,
so dass argumentiert werden kann, dass die Verbesserung des mannschafts- und kleingruppentaktischen Zusammenspiels der Auswahlmannschaften mit dem
vermehrten Übergehen in die 4:2-Formation unter ergebnistechnischen Gesichtspunkten
als sinnvoll erscheint. Basierend
auf den Resultaten von Feldmann & Meyer muss aus Sicht des Autors aber der
Systemwechsel in dieser quantitativen Ausprägung während der Sichtung in Frage
gestellt werden, da er spieltaktische Verhaltensweisen sowohl im Angriff- als
auch im Abwehrspiel provoziert, die das Erkennen von individuellen Fertigkeiten
vor allem im Spiel 1:1 erschwert. Ebenfalls
scheint zumindest für einige der untersuchten Mannschaften der Systemwechsel in
die 4:2-Angriffsformation keine spieltaktischen Vorteile zu bringen, die sich
in höheren Angriffseffektivitäten auswirken. Daher
scheint es aus Sicht des Autors Sinn zu machen, entweder bei gehäufter Wahl des
Systemwechsels in den 4:2-Angriff der Abwehr die Möglichkeit zu geben wiederum
durch einen Systemwechsel in die 4:2-Abwehr die Mann-zu-Mann Ordnung
beizubehalten oder der Übergang in die 4:2-Formation des Angriffs quantitativ
begrenzt wird. In
diesem Zusammenhang ist ebenfalls eine größere Stichprobe wünschenswert, um die
von Feldmann & Meyer aufgezeigten Trends zu verstärken oder gegebenenfalls
zu verwerfen.
Hier findet ihr das Buch von Julian Bauer: Der Torwart im Hallenhandball - reiner "Torwächter" oder verschenkter Angreifer?
Hier findet ihr das Buch von Julian Bauer: Der Torwart im Hallenhandball - reiner "Torwächter" oder verschenkter Angreifer?
Donnerstag, 11. April 2013
Gastbeitrag von Dirk Mathis
Dirk Mathis (Landestrainer Saarland) zum Artikel "Wenn die Lösung zum Problem wird! 4:2-Angriff gegen 3:2:1-Abwehr (jugoslawisch)"
Es
ist immer gut, die Spiele aus unterschiedlichen Sichtweisen zu beleuchten und
zu analysieren. Eine detaillierte Aufschlüsselung der einzelnen Angriffe mit
den dazugehörigen Auslösehandlungen ist aus meiner Sicht sehr interessant, auch
bzgl. der Ausbildungsinhalte der einzelnen Landesverbände. Bei dem analysierten
Ländervergleich kam meine Mannschaft bei der Hauptthese „sind Übergänge das
Hauptangriffsmittel“ zu einer positiven
Einschätzung. Den Grund sehe ich darin, dass die einzelnen Kader in der
Saarland internen Ausbildungsstruktur eine hohe Trainingshäufigkeit aufweisen,
also Grundsätzen ähnlich einer „Vereinsmannschaft“ unterliegen. In der
Ausbildungsphilosophie des HVS sollen die Spieler eine bestmögliche
individuelle Ausbildung erfahren. Die für die erfolgreiche Zweikampfführung
notwendigen Rahmenbedingungen werden durch eine fundierte athletische
Ausbildung unterstützt und die Spieler sollen in diesem Bereich ihre Stärken
weiterentwickeln. Ein zweiter zentraler Punkt der Ausbildung ist aus meiner
Sicht, Nachwuchsspieler „spielfähig“ zu machen. Dies geschieht in der
Förderstruktur meiner Kader durch das gezielte Einsetzen von gruppentaktischen
Maßnahmen. Wichtig ist dabei, dass die Spieler den Sinn von Auslösehandlungen
verstehen und im Angriff, wie in der Abwehr richtige Entscheidungen treffen,
die sich logischerweise an dem Verhalten der Gegenspieler orientieren. Die
Spieler sollen lernen, ihre Stärken in den richtigen Spielsituationen
einzusetzen (kontrolliert und erweitert wird dies durch regelmäßiges
Videofeedback).
Bei
der zweiten aufgestellten These bzgl. der Effizienz ist beim Team Saar eine
verbesserte Effizienz im 4:2 (43%) im
Vergleich zum 3:3 Angriff (50%) zu erkennen. Die immer wiederkehrenden
Auslösehandlungen bringen meine, im Bundesdurchschnitt eher „klein“ gewachsenen
Spieler in vielzählige Entscheidungssituationen, die sie gut und variabel lösen
und zu Torerfolgen umsetzen.
Meine
Meinung ist, dass die Spieler in dieser Altersstufe ein Grundmuster an
Auslösehandlungen und die entsprechenden Entscheidungsmöglichkeiten kennen
sollten. Nach gespieltem Übergang sollen sie ihre individuellen Stärken ins
Spiel einbringen.
Direktes
Übergehen ohne Auslösehandlung, z.B. nach einem Gegentor, oder das Verweilen im
4:2 System, z.B. nach einem Freiwurf halte ich für bedenklich, da dann nicht
situationsgerechte Verhaltensweisen auftreten.
Zur
letzten abschließend aufgestellten These ob das „stereotype Abwehrspiel“
flexibler agieren sollte, möchte ich
anmerken, dass es Lösungsmöglichkeiten für die Abwehrspieler gibt. Zum einen
kann in der gespielten 3:2:1 Abwehrvariante viel Druck auf den ballführenden
Spieler ausgeübt werden und zum anderen müssen die Außenabwehrspieler mehr
antizipatives Spiel anwenden und sich aktiv im Abwehrverband einbringen.
Generell
finde ich, dass flexibles und situationsangepasstes Abwehrspiel zeitgemäß ist
und sich die Abwehr, je nach Situation, die der Angriff wählt, flexibel reagierend
zeigen sollte.
Montag, 8. April 2013
Gastbeitrag von Marc Brückner
Marc Brückner (Trainer mB-Jugend Bayernliga HaSpo Bayreuth) zum Artikel "Wenn die Lösung zum Problem wird! 4:2 Angriff gegen 3:2:1-Abwehr (jugoslawisch)"
Ist ein Angriffskonzept ein Problem?
Nein, es ist die Chance zum Umdenken und Weiterentwickeln! Die hohe Zahl von 4:2-Angriffen sehe ich als völlig normale Entwicklung im Handball. Bezogen auf unsere Mannschaft (B-Jugend Bayernliga) ist dieses System die nahezu einzige Möglichkeit gegen größere und kräftigere Mannschaften erfolgreich im Angriff zu spielen. Zugegebenermaßen liegt bei uns die Quote der 4:2-Angriffe sicher über 70-80%, um Tiefe und Breite zu generieren. Auch bei der aktuellen WM war der (deutsche) 4:2-Anteil gegenüber 3:2:1 gefühlt sehr hoch. Ebenso wurde zumeist auch gegen die deutsche 6:0-Abwehr das 4:2-Angriffssystem gespielt. Warum wird also ein System als Problem dargestellt, das zum einen sehr viele Lösungen gegen unterschiedliche Systeme bietet und zum anderen ein freies kooperatives (Kleingruppen-)Spiel im Angriff fördern „kann“?
Dass es zu dem, wie im Artikel genannten, „stereotypen Angriffsspiel ohne Einbindung der Außenspieler“ kommt, liegt meiner Meinung nach an der für mich „leider gängigen“ Methode des „defensiven VM“ bei Übergängen. Diese Variante wird in der Bundesliga gespielt, in nahezu allen Ausgaben der HT (zuletzt 1/13 Markus Gaugisch) demonstriert und letztendlich vom DHB gefordert.
Basierend auf drei Zitaten aus Peter Fedderns „3:2:1 mit Libero“ möchte ich eine Abwehrvariante bei Übergängen zur Diskussion stellen, die als „Aufrechterhalten der Vorteile und nicht nur des Systems der 3:2:1“ gesehen werden könnte.
In unserer B-Jugend reagieren wir auf Übergänge aus dem Rückraum (Außenübergang wird anders verteidigt) mit:
1. „Doppeln“ des ballbesitzenden Halbangreifers durch den VM und
2. „Anpressen“ des freien Halben durch den ballfernen Außenverteidigers.
Idee:
Zitat 1: „VM – der Zerstörer in vorderster Linie“
Der nach Übergängen wie in Abb. 2. „freie defensive VM“ geht aktiv zum Doppeln auf den ballbesitzenden Halben und zieht sich nicht „nur“ zurück. Der Druck auf den Ballbesitzer wird damit erhöht, der Weg zur Mitte nahezu unmöglich und die „Stereotypen“ Halb-Halb-Pässe gefährlich. Denn...
...Zitat 2: „Es gibt keine Punktwertung für Freistehen.“
In der aktuellen Variante (Abb.2) „stehen die Außenverteidiger und die restlichen Spieler werden zu „Sprintern“ im Mittelbereich. „Freistehen“ bezieht sich hier auf die beiden Kreisspieler. In unserer Variante steht der „ballentfernteste Spieler“ frei. Das weite Heraustreten an den freistehenden Halben durch den Außenspieler unterbindet nun die Halb-Halb-Pässe und führt eventuell sogar zum Steal. Denn...
...Zitat 3: „ Die 3:2:1-Abwehr mit Libero ist [...] eine Bekämpferdeckung.“
Der Druck wird dadurch spätestens nach dem Übergang von der Abwehr erzeugt und nicht mehr vom Angriff! Die bisherige Variante des Abwehrsystems erzeugt hingegen eher ein Reagieren als Agieren (Bekämpfen). Und das fördert „stereotypes Angriffs- UND Abwehrverhalten“.
Als vor einigen Jahren die defensive 6:0-Abwehr durch (Leer-) Kreuzungen des Angriffs uneffektiv wurde, „mutierte“ sie zur „antizipativen flexiblen Wand“. Diesen Prozess gilt es nun meiner Meinung nach für die 3:2:1-Abwehr „anzustoßen“.
Freitag, 29. März 2013
Wenn die Lösung zum Problem wird! 4:2 Angriff gegen 3:2:1-Abwehr (jugoslawisch)
von Klaus
Feldmann (www.handball-akademie.de)
und Daniel Meyer (www.handballcoaching.de)
Im Beitrag „3:2:1 - Standard und
Vielfalt im gleichen System“ (ht 11/2012 und 12/2012) wurde kurz das
Angriffsspiel gegen die 3:2:1-Abwehr thematisiert. Durch die
DHB-Rahmentrainingskonzeption und Vorgaben für Auswahlmannschaften nimmt diese
Abwehrformation eine zentrale Stellung im deutschen Nachwuchstraining ein.
Viele Trainer von C- und B-Jugenden nutzen gegen diese Abwehr Übergänge ins 4:2
als Standardangriffs-mittel, wohl
wissend dass in der vorgegebenen jugoslawischen Variante die Grundformation in
der Abwehr aufrecht erhalten werden muss.
Zielsetzung im Nachwuchstraining
muss es sein, individuell starke Spieler in Angriff und Abwehr auszubilden.
Dies geschieht in erster Linie durch Zweikämpfe, die aufgrund einer
mannorientierten Abwehrspielweise in
großen Räumen praktisch provoziert werden - solange die direkte Zuordnung von
Abwehr- und Angriffsspielern gegeben ist. In der Manndeckung und der sinkenden
Manndeckung wird diese Situation hergestellt. Mit der DHB-Rahmentrainingskonzeption
und den damit verbundenen Deckungsvorgaben wird dies gezielt gefordert und
gefördert.
Im Übergang zur offensiven
Raumdeckung (1:5- und 3:2:1-Abwehr) gibt es auch eine klare Überlagerung der
Arbeitsräume je eines Abwehrspielers und eines Angreifers solange der Angriff
in der 3:3-Formation spielt (siehe Abb.1) . Die Grundidee beim Wechsel des
Angriffssystems in eine 4:2-Formation ist es, diese mannorientierte Zuordnung
zu knacken und damit Absprache- und Übergabe/Übernahme-Fehler in der Abwehr zu
provozieren (siehe Abb. 2). Mit mannschafts-taktischen Mitteln werden gezielt
die systematischen Schwächen der 3:2:1-Abwehr (jugoslawisch) angegriffen.
Abb. 1: 3:2:1-Abwehr gegen 3:3-Angriff |
Abb. 2: 3:2:1-Abwehr gegen 4:2-Angriff |
Die berechtigte Frage ist nun, ob
Übergänge wirklich das Hauptangriffsmittel gegen diese 3:2:1-Abwehr sind. Zur
quantitativen Absicherung dieser These wurden im Rahmen des Ländervergleichs
der Auswahlen m97 am 24./25.11.2012 in Ratingen alle Spiele per Video
aufgezeichnet und statistisch ausgewertet. Das Teilnehmerfeld und die
Platzierungen sind dem Infokasten 1 zu entnehmen. Alle teilnehmenden
Landesauswahlen agierten in Vorbereitung auf die DHB-Sichtung mit derselben
Abwehrformation (3:2:1-jugoslawisch, d. h. mit Weiterspielen nach Übergängen).
In allen zehn Begegnungen herrschten somit identische Bedingungen. Im Modus
„Jeder-gegen-Jeden“ wurden pro Team vier Spiele ausgewertet. Die Ergebnisse der
Spiele sind im Infokasten 2 dargestellt.
Infokasten 1 |
Infokasten 2 |
Informationen zur statistischen
Erfassung der Spiele: Es wurden ausschließlich abgeschlossene Angriffe im
Positionsangriff gezählt. Abgeschlossene Angriffe aus Tempogegenstoß und
erweitertem Tempogegenstoß wurden nicht berücksichtigt. Als Abschluss für einen
Angriff kamen vier Kategorien in Betracht: Tor, Fehlwurf, Regelfehler
(Schritte, Betreten des Wurfkreises, passives Spiel,…) oder technischer Fehler
(abgefangener oder herausgespielter Ball). Die Einstufung des Angriffes in eine
3:3-Formation oder eine 4:2-Formation fand genau zum Zeitpunkt des
Angriffsabschlusses statt.
Die Auswertung brachte für die
einzelnen Teams folgende Ergebnisse:
Quantität - wie viel?
Die
Beantwortung der Ausgangsfrage („Sind Übergänge das Hauptangriffsmittel?“) kann
durch die Gesamtstatistik auf den ersten Blick nicht bestätigt werden. Mit 47%
der Angriffe im 3:3 und 53% im 4:2 besteht nur ein geringer Unterschied.
Bei genauerem
Hinsehen fällt auf, dass die Werte von Rheinland-Pfalz (90% im 3:3 und 10% im
4:2) das Gesamtbild verzerren. Die Auswahl von Rheinland-Pfalz hat insgesamt
140 Angriffe im 3:3 abgeschlossen; alle vier anderen Auswahlen kommen zusammen
auf 201 Angriffe im 3:3. Hessen liegt
mit 44% im 3:3 und 56% im 4:2 nahe am Gesamtdurchschnitt. Die anderen drei
Teams (HV Saar 30% im 3:3 - 70% im 4:2, HV Niederrhein 31% im 3:3 - 69% im 4:2
und HV Niedersachsen 35% im 3:3 - 65% im 4:2) kommen im Durchschnitt auf ein
Drittel Abschlüsse im 3:3 und zwei Drittel im 4:2. Mit diesen eindeutigen
Werten für die drei Mannschaften ist die Ausgangsfrage positiv zu
beantworteten.
Qualität - wie gut?
Im zweiten
Schritt lohnt sich auch ein Blick auf die erzielte Angriffseffektivität. Für
die einzelnen Teams lassen sich dabei weitere interessante Aspekte aus den
Tabellen entnehmen.
Der
Turnierzweite Hessen agierte in allen vier Spielen mit nahezu identischen
Werten bei der Effektivität im Vergleich von Angriffen im 3:3 und im 4:2. Die
Werte von Rheinland-Pfalz lassen aufgrund der sehr geringen Anzahl von 16
Angriffen im 4:2 einen Vergleich nicht zu.
Das Team vom
Turniersieger HV Saar erreichte insgesamt einen leicht besseren Wert im 4:2
(50% Effizienz gegenüber 43% im 3:3). Es hatte aber auch zwei Spiele, bei denen
die Effektivität im 3:3 höher als im 4:2 war (gg HV Niedersachsen +12% im 3:3 /
gg den Hessischen HV +15 % im 3:3). In den beiden anderen Begegnungen war die
Effektivität im 4:2 höher (gg Rheinland-Pfalz +19% / gg HV Niederrhein +28%).
Die Auswahlen
vom HV Niederrhein (4. Platz) und vom HV Niedersachsen (5. Platz) kommen auf eine
geringere Effizienz im 4:2. In je zwei Spielen dieser Teams war die
Effektivität im 4:2 deutlich schlechter als im 3:3:
HV
Niederrhein gg HV Saar (1. Platz im Turnier) -26%,
HV
Niederrhein gg HV Niedersachen (5. Platz im Turnier) -24%,
HV
Niedersachsen gg HV Niederrhein (4. Platz im Turnier) -32% und
HV Niedersachsen
gg Hessischer HV (2. Platz im Turnier) -18%.
Die
Platzierungen im Turnier belegen, dass das Niveau der Gegner nicht unbedingt
den Ausschlag für diese Werte gibt.
Zusammenfassung und weiterführende Fragen
Zwei Aussagen
lassen sich auf der Basis der ermittelten Zahlen mit Sicherheit formulieren:
- Der Anteil von Angriffen in
4:2-Aufstellung gegen die 3:2:1-Abwehr dominiert bei drei Auswahlen eindeutig.
- Die erzielte Effizienz im
4:2-Angriff rechtfertigt diese Dominanz nicht.
Die Beobachtung der Spiele zeigte
weiterhin vielfach ein stereotypes Angriffsspiel:
- Im Positionsangriff wird der Ball
ohne Einbindung der Aussenangreifer gepasst.
- Auf Ansage wird der Übergang
entweder von der ballfernen Seite (im Rücken der Abwehr) oder als Kombination
aus zwei gruppentaktischen Handlungen (Doppelpass Rückraum mit Kreisspieler +
Einlaufen von Aussen / Kreuzen mit Rücklegen im Rückraum + Übergang vom dritten
Rückraumspieler) angesetzt. Diese Auslösehandlungen sind in dieser Altersstufe
kaum zu verteidigen.
- Die angesagten Übergänge werden im
Angriff oftmals strikt nach Handlungsanweisung heruntergespielt. Vor allem beim
Pass zum diagonal stehenden Kreisläufer findet oftmals keine situative
Entscheidungsfindung vom Passgeber statt.
- Oft wird dann im 4:2-Angriff mit
einer breiten Aufstellung der beiden Kreisspieler agiert, so dass der HM der
3:2:1 möglichst lange Laufwege hat. Dies bringt weiterhin ein Absinken der Abwehr
zur Folge, dass teilweise kaum ein Unterschied zu erkennen ist ob aktuell eine
3:2:1-Abwehr oder eine 6:0-Abwehr gespielt wird.
- Die beiden Kreisspieler agieren
zumeist passiv - sie warten ab, bis die Abwehr einen Übergabe/Übernahme-Fehler
macht oder ein Abwehrspieler zu spät kommt.
- Es gibt auch Mannschaften die den
Angriff erst gar nicht im 3:3 beginnen, sondern sich sofort in der
4:2-Aufstellung positionieren ...
Abschließend
können zumindest zwei weiterführende Fragen formuliert werden:
- Stellt die Dominanz des
4:2-Angriffs ein Problem dar?
- Sollte das stereotype (weil
reglementierte) Abwehrspiel flexibler agieren können, um damit den Angriff vor
andere Situationen zu stellen?
Zu diesem Artikel werden wir in den nächsten Wochen Marc Brückner (Trainer mB-Bayernliga - HaSpo Bayreuth), Dirk Mathis (Landestrainer - HV Saar) und Julian Bauer (Trainer mA-Bundesliga - SG Ratingen) ihre Sicht der Dinge erörtern und hier veröffentlichen lassen.
Donnerstag, 28. März 2013
handballtraining 3/2013: Wenn... ...dann! (Teil 2) von Daniel Meyer
Mein zweiter Beitrag "Wenn... ....dannn! Auslösehandlungen: Grundablauf - Knotenpunkte - Gegneranpassung" für handballtraining ist mit der Ausgabe 03/2013 veröffentlicht worden. Den Beitrag findet ihr von Seite 16-24.
DANKE Madeleine, Klaus und Sarah.
DANKE Mädels für das Ausprobieren.
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